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Letzter Oberhofprediger Dibelius starb vor 100 Jahren


15. Januar 2024

Auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens maßgebend tätig

DRESDEN – Die lange Reihe der evangelischen Oberhofprediger in lutherisch Sachsen ging mit Dr. Franz Wilhelm Dibelius nach seinem Rücktritt 1922 zu Ende. Er starb zwei Jahre später am 20. Januar 1924. Nachdem Dr. Dibelius im 75. Lebensjahr in den Ruhestand versetzt wurde, trat am 1. Oktober 1922 D. Ludwig Ihmels mit der konstitutionellen Neuordnung der Landeskirche den Dienst als erster Landesbischof an. Sein Amtskreuz, das bis heute die sächsischen Landesbischöfe tragen, ging damit von Dr. Dibelius an D. Ludwig Ihmels über. Es wurde vom letzten sächsischen König, Friedrich III., 1905 an den Amtsvorgänger D. Dr. Oskar Ackermann überreicht.

Das geistliche Leitungsamt des Oberhofpredigers geht sehr viel länger in die sächsische Kirchengeschichte zurück und es galt bald als das vornehmste geistliche Amt im evangelischen Deutschland. Der Titel wurde nach der Reihe von Hofpredigern an der Seite der Kurfürsten 1613 für Matthias Hoe von Hoenegg geschaffen, der Beichtvater des Kurfürsten Johann Georg I. war. Mit dem Übertritt des sächsischen Herrscherhauses zur römisch-katholischen Konfession 1697 durch Kurfürst Friedrich August blieb zwar die Leitung des „corpus Evangelicorum“ in der Hand des Kurfürsten, das landesherrliche Kirchenregiment wurde aber an die beauftragten Geheimen Räte übertragen. Von nun an wurde die Dresdner Sophienkirche evangelische Hofkirche und spätere Domkirche.

Als Sohn eines Oberlehrers wurde Franz Wilhelm Dibelius am 6. Januar 1847 in Prenzlau (Uckermark) geboren. Nach dem Studium der Theologie und Geschichte in Halle (Dr. phil.) und Berlin (Licentiat theol.) war D. Domprediger und Inspektor des Domkandidatenstiftes in Berlin und habilitierte sich dort 1873 für Kirchengeschichte. 1874 als Pfarrer an die Annenkirche in Dresden berufen, wirkte er hier 50 Jahre lang, ab 1884 als Stadtsuperintendent und 1. Pfarrer an der Kreuzkirche, ab 1910 als Oberhofprediger und Vizepräsident des Landeskonsistoriums. Als Seelsorger und Prediger, der ein „fröhliches Christentum“ verkündigen wollte, sowie als Organisator des kirchlichen Lebens entfaltete er eine außerordentliche Wirksamkeit.

In Dresden führte er, bahnbrechend für die Landeskirche, den Kindergottesdienst ein und gab, selbst Lieder dazu beisteuernd, „Die Dresdner Kinderharfe“ heraus. Als Ephorus der Dresdener Kirchgemeinden setzte er energisch die Aufteilung der übergroßen Kirchspiele in der anwachsenden Großstadt fort, was den Bau zahlreicher neuer Kirchen zur Folge hatte. Auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens maßgebend tätig, rief er daneben auch die „Gesellschaft für sächsische Kirchengeschichte“ mit ins Leben und arbeitete an den von ihr herausgegebenen „Beiträgen zur sächsischen Kirchengeschichte“ selbst mit. Seine besondere Liebe gehörte dem Gustav-Adolf-Verein, dessen Vorsitz im Dresdner Hauptverein er 1893 übernahm und dessen Zentralvorstand er seit 1895 angehörte. Die evangelische Diaspora in Böhmen wie die evangelische Bewegung in Österreich verdankten ihm wesentliche Förderung. Als Vizepräsident des sächsischen Landeskonsistoriums war er in dieser im deutschen Luthertum einst als erstes Amt angesehenen Stellung einer der führenden Männer im evangelischen Deutschland vor dem 1. Weltkrieg.*

Das Grab von Franz Wilhelm Dibelius befindet sich auf dem Alten Annenfriedhof in Dresden an der Chemnitzer Straße.

*Biografische Angaben nach: Gennrich, Paul Wilhelm, "Dibelius, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 631-632 [Online-Version];

Dr. Franz Wilhelm Dibelius gemalt vom Dresdner akademischen Kunstmaler Arthur Fedor Förster

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