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Brief des Landesbischofs an Ehrenamtliche und Mitarbeiter


22. Dezember 2021

DRESDEN | Mit einem besonderen Segenszuspruch wendet sich Landesbischof Tobias Bilz in einem Brief an alle Ehrenamtlichen und hauptamtliche Mitarbeiter:innen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens:

„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“

(Philipper 4, 7)

 

Liebe Schwestern und Brüder,

mein Weihnachtsbrief richtet sich auch in diesem Jahr an alle, die in unserer Kirche  ehrenamtlich oder hauptberuflich Verantwortung tragen oder getragen haben. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich im Bewusstsein, wie wertvoll Ihr Dienst war und ist. Ich denke dabei an die Chancen und Möglichkeiten, die Sie ergreifen und die Zumutungen, die Sie aushalten. Mit Demut und Respekt würdige ich Ihren Einsatz! Sie geben mehr, als Sie müssen und lassen sich nicht von den Schwierig­keiten überwältigen, in denen wir leben und arbeiten. Deshalb soll der Dank ganz am Anfang meines Briefes stehen. Gott verwandle Ihren Dienst in Segen und vergelte Ihnen das, was Sie gegeben haben!

Vor einem Jahr hätte ich nicht für möglich gehalten, dass wir ein weiteres Corona-Weihnachten feiern werden, noch dazu eins, dass uns trotz der Erfahrung, die wir bereits haben, noch stärker herausfordert. Es ist nicht nur die Krankheit selbst, die uns alles abverlangt, sondern zusätzlich das, was sie nach langen Monaten aus uns und unserer Gesellschaft gemacht hat. Immer neue Wellen gehen über uns hinweg und hinterlassen Spuren in unseren Seelen und im Miteinander.

Als Kirche fragen wir uns, was unser Beitrag für Land und Leute sein kann. Natürlich unterstützen wir nach Kräften, was zur medizinischen Bewältigung notwendig ist. Darüber hinaus aber möchten wir Menschen trösten und Hoffnung stiften, Mut machen und Besonnenheit fördern, die Quellen des Glaubens neu erschließen und die Dominanz der Umstände entmachten. Zugleich spüren wir bei allem Tun und Reden, Entscheiden und Umsetzen, wie vorläufig und defizitär unsere Worte und Taten sind. Wir wollen wirken und scheinen nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung zu haben, was jetzt gebraucht wird. So legen wir die letzte Wegstrecke zum Weihnachtsfest zurück und spüren die Erschöpfung, die Menschen regelmäßig kurz vor einem Ziel ergreift. Werden wir den Frieden Gottes auch in diesem Jahr empfangen?

In diese Situation hinein möchte ich Ihnen den sogenannten Kanzelsegen zusprechen. Bereits seit dem 4. Jahrhundert wird er am Ende der Verkündigung angefügt, meistens die Worte aus Philipper 4. Der Prediger oder die Predigerin möchte damit einen Vorbehalt zum Ausdruck bringen: Meine Worte sind unzulänglich und Stückwerk. Gottes Frieden ist größer, als ich ihn auszudrücken vermag. Ich habe gegeben, was ich zur Verfügung hatte und habe nun die große Hoffnung, dass Gott daraus das macht, was ich nicht bewirken kann. In diesem Sinne möge Sie dieses Segenswort erreichen und Ihnen den Frieden Gottes vermitteln!

Konkret möchte ich daraus drei Weihnachtswünsche ableiten.

Ich wünsche Ihnen, dass der Friede Gottes sich auf das legt, was Sie in diesem Jahr im Dienst eingesetzt und geleistet haben. Mit Vielen teile ich bei der Selbstreflexion die Empfindung, dass es möglicherweise nicht genug oder nicht das Richtige war. Wahrscheinlich haben wir nicht immer klar genug gesehen, beherzt genug geredet und selbstlos genug gehandelt. Wollen hatten wir wohl, unser Vollbringen aber ist dahinter zurückgeblieben. Gott hülle Ihre mögliche Unzufriedenheit in seinen Frieden und gebe Ihnen Gelassenheit über Gelungenem und Unvollkommenem.

Ich wünsche Ihnen Gottes Schutz für Ihr Herz und Ihre Seele! Als gläubige Menschen stecken wir in einem Dilemma. Ohne innere Beteiligung können wir nichts bewirken. Deshalb sind wir gehalten unser Herz für Gott und unseren Nächsten offen zu halten. Damit werden wir zugleich verwundbar und nehmen Belastendes in uns auf. Das Gleiche gilt für unsere seelischen Kräfte. Wir wollen und müssen Verstand, Wille und Gefühl für andere hingebungsvoll einsetzen, um wirksam zu sein. Ohne Leidenschaft wird in dieser Welt nichts bewegt. Alle, die in diesem Sinne geben, was ihnen zur Verfügung steht, spüren jedoch früher oder später, wie sie sich verströmen. Mitgefühl und Engagement verbrauchen Energie. Sie steht nicht unbegrenzt zur Verfügung. Wir spüren gerade am Jahresende, wie die Kraft nachlässt und wissen, dass wir niemandem helfen, wenn wir uns auf ungesunde Weise verzehren. Achtsamkeit beginnt und endet bei uns selbst. Deshalb wünsche ich Ihnen, dass Gott Sie vor übermäßigem Einsatz bewahrt. Er schenke Ihnen reichlich Segen nur für Sie selbst!

Mein dritter und letzter Wunsch bezieht sich auf den Widerstreit der Meinungen, dem wir ausgesetzt sind. Alles, was wir gerade erleben, will auch argumentativ durch­gearbeitet und bewältigt werden. Ungezählt sind die Debatten über den richtigen Kurs durch die Krisen unserer Zeit. Oftmals richten sich Augen und Ohren besonders auf die, welche die Kirche repräsentieren. Wir sind gehalten klare Antworten zu geben und spüren zugleich, wie vielschichtig die Herausforderungen der Zeit sind. Wir müssen vereinfachen, um überhaupt begreifen zu können und doch ist alles entsetzlich kompliziert. Ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie immer wieder zu gedanklicher Klarheit finden. Viel mehr aber noch, dass der Friede Gottes bei Ihnen höher ist als das, was der Verstand erfasst hat und erfassen kann. Selbst dann, wenn wir alle relevanten Informationen und Argumente verarbeitet haben sollten, bleiben ein unbegreiflicher Rest und die Möglichkeit, dass unsere Schlussfolgerun­gen falsch sein könnten. Deshalb dürfen unser Herzensfrieden und der Frieden miteinander nicht vom Verstehen abhängig sein. Frieden, wie ihn der Apostel meint, gehört vielmehr in die Kategorie der Dinge, die von Gott bewirkt werden. Der Apostel benutzt hier ein Superlativ: „Überragend“ ist er, dieser Friede Gottes! Dieser Frieden ist Geschenk und Gnade. Um diesen Frieden bitte ich Gott auf Weihnachten zu, für Sie, für die Kirche und für unser Land!

Liebe Schwestern und Brüder, die Revision der Lutherbibel 2017 hat dem Kanzelgruß eine kleine Veränderung beschert. Aus dem Segenswunsch ist eine Segenszusage geworden:

„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.“

Damit bekommt dieser Vers einen neuen Akzent, der uns näher an die Intention des Urtextes heranführt. Aus dem Imperativ wird ein Indikativ. Man kann sagen: aus Hoffnung wird Zuversicht.

Das möchte ich zum Schluss mit großer Erwartung auf das Weihnachtsfest beziehen. In der Betrachtung der Christgeburt werden wir den Gottesfrieden empfangen, der uns verheißen ist. Das wird unabhängig von den Umständen geschehen – damals in Bethlehem wie heute an jedem Ort der Welt.

Ihr

Tobias Bilz

 

 

 

Advent

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