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Fachtag Inklusion

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»Was wäre, wenn wirklich alle kommen?« – Fachtag zur Vielfalt in der Kirche

DRESDEN | Am 12. Mai trafen sich auf Einladung des Runden Tisches Inklusion von Kirche und Diakonie im Haus an der Kreuzkirche in Dresden Vertreter aus Kirche, Diakonie, Wissenschaft und Praxis zum Fachtag „Was wäre, wenn wirklich alle kommen?! – große Vielfalt in der Kirche“. Gemeinsam setzten sie Impulse, tauschten Erfahrungen aus und machten neue Wege der Teilhabe sichtbar. Der Fachtag stand unter dem Leitgedanken: Inklusion ist kein Sonderthema – sie ist Ausdruck einer Kirche und Gesellschaft, die alle meint.

Gesellschaftliche Vision statt Mindeststandard 

Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Sachsen, Oberkirchenrat Dietrich Bauer, brachte es in seinem Grußwort auf den Punkt: „Unsere Gesellschaft krankt am Bild des perfekten Menschen.“ Der Maßstab echter Inklusion sei nicht das Leistungsprinzip, sondern die gemeinsame Vorstellung eines guten Lebens für alle – mit und ohne Behinderung. Und was wäre, wenn alle kämen? „Es wäre ganz leicht. Es wäre wunderbar.“ Ein starker Kontrapunkt zu gegenwärtigen Exklusionsdebatten. 

 

Landesbischof Tobias Bilz griff den biblischen Wochenspruch auf: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur“ (2. Kor 5,17) – und erinnerte daran, dass es Gottes Geist ist, der uns zu neuen Menschen macht. In Christus vereint zu sein, sei das Fundament gelebter Inklusion – in Gemeinde, Gesellschaft und diakonischer Praxis. 

Bettina Westfeld, Präsidentin der 28. Landessynode, würdigte in ihrem Grußwort die langjährige Arbeit des Runden Tisches Inklusion und betonte: „Echte Inklusion beginnt mit einer inneren Haltung. Es geht um uns und unseren Blick: Wer ist mein Nächster? Das ist eben jeder.“ Sie schilderte persönliche Erfahrungen – von ihrer Kindheit in einer inklusiven Gemeinde bis hin zu ihrem kleinwüchsigen Patenkind – und kritisierte zugleich, dass in der Landessynode bislang keine Menschen mit sichtbaren Behinderungen vertreten seien. Ihre Forderung war deutlich: Das muss sich ändern. Zugleich erinnerte sie an politische Entwicklungen, in denen Inklusion offen in Frage gestellt wird – „Christinnen und Christen müssen hier laut bleiben.“ 


Fachlicher Tiefgang und praktische Impulse

In den Fachvorträgen betonte PD Dr. Wolfhard Schweiker die Bedeutung verbindlicher Aktionspläne als strategisches Instrument zur Umsetzung von Inklusion. OKR i.R. Dieter Kaufmann erinnerte daran, dass es vor allem die kleinen Schritte seien, die langfristig Wirkung entfalten. Mit einer Vielzahl von Anekdoten aus seiner langjährigen Erfahrung als Vorstand der Diakonie Württemberg machte er deutlich, dass auch kleine Schritte Großes bewirken können. 

Daran anschließend schlug Wolfram Keppler den Bogen zum „Aufbruch Quartier“ und zeigte auf, wie Inklusion mitten im Leben verankert werden kann – und wie sie durch Strukturen von Kirche und Diakonie sichtbarer in den Sozialräumen ankommt. Die Resonanz von OLKR Burkart Pilz unterstrich, dass strukturelle Umsetzung immer auch geistliche Dimensionen hat. 

 

Workshops & Reflexion

In zwei Workshopphasen wurden insgesamt sieben Themen bearbeitet – von barrierefreier Gemeindepraxis über inklusive Pädagogik bis hin zu Inklusion im Berufsleben. In vielen Gruppen zeigte sich: Es sind nicht allein bauliche Hürden, sondern vor allem Denk- und Haltungsmuster, die Teilhabe erschweren. 

Als Tagungsbeobachterinnen reflektierten Rosalie Renner (EKD-Expertenrat „Inklusive Kirche“) und Manuela Scharf (Behindertenbeauftragte der Stadt Dresden) die Veranstaltung. Sie mahnten an, Inklusion nicht als Add-on, sondern als Menschenrecht zu verstehen – mit politischer und theologischer Tragweite. 

Haltung zeigen. Verantwortung leben. ​​​​​​​

Der Fachtag war nicht nur ein Ort der Begegnung, sondern ein klares Zeichen: Kirche und Diakonie stellen sich bewusst in den gesellschaftlichen Diskurs – mit theologischer Tiefe, sozialer Expertise und der Kraft gemeinsamer Erfahrungen. Oder, wie es Oberkirchenrat Bauer ausdrückte: „Es geht nicht um Perfektion, sondern um Beziehung. Und um die Freiheit, anders sein zu dürfen – inmitten einer Kirche, die Raum gibt.“ 

Runder Tisch Inklusion & Infoportal Inklusion

Der Runde Tisch Inklusion der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und der Diakonie Sachsen setzt sich seit 2014 für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Kirche, Diakonie und Gesellschaft ein. Er unterstützt Initiativen und Projekte, durch die Vielfalt wertgeschätzt, Teilhabe gestärkt sowie Barrieren, Vorurteile und Trennungen abgebaut werden.

Ein zentrales Werkzeug für die Umsetzung von Inklusion ist die umfangreiche Materialsammlung auf inklusion.evlks.de. Diese Webseite dient als Wissens- und Vernetzungsbörse für alle, die inklusiv handeln möchten. Sie bietet praxisnahe Handreichungen, inspirierende Beispiele aus Kirchgemeinden und diakonischen Einrichtungen sowie Literaturhinweise. Die Materialien sind nach Themenbereichen wie Barrierefreiheit, Bildung, Gemeinde und Gottesdienste strukturiert und bieten konkrete Unterstützung für die inklusive Arbeit vor Ort.

Ob für die Planung barrierefreier Veranstaltungen, die Gestaltung inklusiver Gottesdienste oder die Entwicklung von Bildungsangeboten – die Materialsammlung ist eine wertvolle Ressource für Haupt- und Ehrenamtliche, die Inklusion in ihrer Arbeit fördern möchten.

Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf inklusion.evlks.de.

Impressionen vom Fachtag Inklusion

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