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Weihnachtsbrief des Landesbischofs


19. Dezember 2022

Fürchte dich nicht. Du hast Gnade bei Gott gefunden!
(nach Lukas 1, 30)

DRESDEN - Der Weihnachtsbrief von Landesbischof Tobias Bilz richtet sich an Ehrenamtliche und Hauptberufliche in der sächsischen Landeskirche. In ihm greift er die Ängste vieler Menschen in diesen Tagen auf und geht auf manche Befürchtungen von Mitarbeitenden der Kirche vor weiteren Herausforderungen ein. So wie die Engelbegegnung Maria geholfen habe aus ihrem Erschrecken herauszufinden, könne Gott auch heute die persönlich empfundene Schwachheit in Stärke wandeln, ermutigt er Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Landesbischof dankt ihnen für ihren Dienst und verweist darauf, „dass unsere Kirche auch eine Gemeinschaft Berufener ist“:

„Liebe Schwestern und Brüder,

es gibt so viel Furcht in diesen Tagen. Für viele Menschen ist es vor allem die Furcht vor dem Krieg und seinen Folgen. Aber andere Ängste sind damit keineswegs aus der Welt. Ich brauche sie nicht aufzählen, denn wie sie auch heißen mögen, sie vermitteln uns die immer gleiche Botschaft: Es kann dich treffen! Obwohl wir Menschen zu keinem Zeitpunkt unseres Lebens wirklich frei von Bedrohung sind, hatte sich doch vor den Krisen der letzten Jahre das Gefühl vermeintlicher Sicherheit eingestellt. Jetzt aber macht sich neue Angst breit und verknüpft sich mit dem Eindruck, dass niemand überzeugende Antworten auf die drängenden Fragen hat. Es gibt wirklich viele Gründe sich zu fürchten oder zumindest, sich Sorgen zu machen.

Das Weihnachtsevangelium aber fordert uns auf und heraus, das nicht zu tun. Viermal zeigen sich Engel unterschiedlichen Personen. Jedes Mal rufen sie dazu auf, sich nicht zu fürchten. Gewiss, ihr Erscheinen selbst löst Furcht aus. Deshalb müssen sie zuerst die beruhigen, zu denen sie gesandt sind. Ich denke an die vielen Krippenspiele, die ich schon miterlebt habe. Die zu Boden stürzenden Hirten sind beinahe immer ein Höhepunkt der Inszenierung. Aber es steckt mehr dahinter. Die Engel rufen zur Furchtlosigkeit auf, weil mit ihrem Kommen eine Aktivität Gottes angekündigt wird. Eine Intervention gewissermaßen ganz von außen. Gott will handeln und die Menschen einbeziehen. Deshalb brauchen sie sich nicht länger fürchten.

Für Maria hatte das eine weitere Bedeutung, denn sie erschrak nicht vor dem Verkündigungsengel selbst. Dessen Anrede löste ihre eigentliche Erschütterung aus: „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das?“ Vermutlich wusste sie, was es heißt, begnadet zu sein und kannte die Erwählungsformel. Der außerbiblischen Überlieferung nach wurde Maria bereits als Dreijährige zur Erziehung in den Tempel gegeben. Wenn es so war, hatte sie gewiss die Erzählungen von den sogenannten Großen ihres Volkes viele Male gehört. Ob David oder Salomo, Abraham oder Joseph (Jakobs Sohn), von ihnen hieß es, dass der HERR mit ihnen war, weil sie Gnade gefunden hatten. Sie waren Erwählte, hatten einen Auftrag und waren ihm gerecht geworden. Wie aber sollte sie, das junge unbedeutende Mädchen, das schaffen? Ihr Erschrecken ist also ein Ausdruck dessen, dass sie die Erwählung mit ihren eigenen Möglichkeiten nicht zusammenbringen konnte.

Liebe Geschwister im Glauben und im Dienst, es ist ein großer Unterschied, ob man Angst davor hat, dass einen die Leiden dieser Zeit treffen könnten oder ob man darüber erschrickt, dass man zu den Erwählten Gottes gehört. Mein Weihnachtsbrief richtet sich in erster Linie an die, die als Ehrenamtliche oder Hauptberufliche in unserer Kirche gearbeitet haben oder jetzt tätig sind. Sie sind für mich die, welche der Ruf Gottes berührt hat. Erschrecken Sie in diesen Tagen vor den großen Herausforderungen, die wir gerade zu bewältigen haben? Machen Sie sich Sorgen um unsere kleiner werdende Kirche? Schämen Sie sich manchmal gar für unsere Kirche oder für Ihre ganz persönliche Schwäche? Ich muss zugeben: Mir geht es gelegentlich so, besonders wenn ich darüber nachdenke, dass wir nicht ausreichend zur Geltung bringen, was uns gegeben ist.  Wenn ich dann in Lukas 1 weiterlese, gelange ich schließlich zum Lobgesang der Maria:

„Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes;
denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.“

Die Engelbegegnung hat offensichtlich dazu geführt, dass Maria aus ihrem Erschrecken herausgefunden hat. Sie konnte ihre Berufung annehmen. Die Kraft Gottes würde es sein, die das bewirken wird, was der Engel ankündigt, nicht ihre eigene Bemühung. Jetzt kann sie unbeschwert zugeben, dass sie niedrigen Standes ist und auch nichts anderes werden muss.  Am Ende freut sie sich über Gott und sein Wirken, in das sie einbezogen ist. Sie klingt beinahe wie Paulus, der sich besonders seiner Schwachheit gerühmt hat, weil er darin eine Chance für Gottes Stärke sehen konnte.

So nehme ich diesen Brief zum Anlass, Ihnen von ganzem Herzen für Ihren Dienst in unserer Kirche zu danken. Besonders hervorheben möchte ich dabei Ihre Treue. Im Moment scheint es recht leicht zu gehen, der Kirche den Rücken zuzukehren. Sie hat scheinbar nicht mehr viel zu bieten. Sie aber geben bei aller Sorge und mancher Kritik zu erkennen, dass Sie an Ihrer persönlichen Berufung festhalten und weiter darauf setzen, dass unsere Kirche auch eine Gemeinschaft Berufener ist.

Mit diesem Dank verbinde ich die Ermutigung, dass es Ihnen gelingen möge, nicht von den eigenen Möglichkeiten bestimmt zu sein. Haben Sie keine Angst vor dem Gedanken, Ihrer Berufung nicht gerecht werden zu können. Vertrauen Sie vielmehr darauf, dass durch Sie Jesus Christus zur Welt kommt. Das geschieht nicht nur aufgrund Ihrer besonderen Fähigkeiten, Ihres Einsatzes oder Ihres Amtes wegen. Es ereignet sich vielmehr deshalb, weil Gott es liebt, Schwäche auszunutzen, um sie in Segen zu verwandeln! Das tut er freilich ebenso gern mit unseren Stärken. Daraus entsteht, dass wir, wie Maria, „guter Hoffnung werden“.

Eine solche Hoffnung erfüllt mich auch, wenn ich an die Jahreslosung für 2023 denke:

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (Genesis 16, 13).

Unter diesem Leitwort können wir zuversichtlich den alltäglichen Weg unserer Kirche unter die Füße nehmen und bereits geplante Höhepunkte feiern. Dazu zähle ich den „Tag der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher“ in Leipzig, das internationale Partnerschaftstreffen in Meißen und den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. 

So grüße ich Sie in der Verbundenheit des Glaubens und des Dienstes mit einem Gebet Martin Luthers, welches er in eine Auslegung des Lobgesangs der Maria eingefügt hat:

„O Herr Gott, das Werk ist dein, das da gelobt und gerühmt wird, lass auch den Namen dein sein! Nicht ich, HERR, sondern du hast dies getan, der du mächtig alle Dinge tust, und heilig ist dein Name.“

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Christfest!“

Ihr
Tobias Bilz

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