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27. Landessynode Berichterstattung, Vorlagen und Beschlüsse

27. Landessynode - Herbsttagung 2016

Sonntag, 13. November

 Vorlagen und Debatten, Berichte, Gottesdienst und Feier Ordinationsjubiläum

Bereich

Planung zur Errichtung eines ‚Kernarchivs'

 Am Sonntagmorgen kamen die Landessynodalen nach der Andacht in der Dreikönigskirche im Plenum zusammen. Die Beratung über die Errichtung eines Zentralarchivs wurde nach der gestrigen Unterbrechung fortgesetzt. Es wurde die Planung zur Errichtung eines ‚Kernarchivs‘, als modulare Lösung, vorgestellt. Bei der Berichterstattung wurden Aussagen zum Standort, favorisiert ist Leipzig, die Kosten des Grundstücks, die aktuellen Baukosten zur Herstellung des Kernarchivs, die zukünftigen operativen Kosten, die Gesamtinvestitionen und die evtl. Umnutzungen von aufgegebenen Grundstücken und Bauwerken gemacht.

Die Abstimmung für ein Kernarchiv unter der zusätzlichen Maßgabe, dass es am kostengünstigsten Standort errichtet werden solle, ergab eine Mehrheit für den Entwurf des Finanzausschusses. Somit beschloss die Synode, dass in Kenntnis der notwendigen Einsparungen im Haushalt der Landeskirche und in Kenntnis dessen, dass dies ohne Schließung von Einrichtungen nicht möglich sein wird, solle das Kernarchiv gebaut werden unter der Maßgaben der räumlichen Beschränkung auf ein Mindestmaß und unter Beibehaltung des derzeitigen Personalbedarfs.

Die Fragen zu dieser Investition wurden leidenschaftlich diskutiert, weil dies auch weitreichende Folgen haben könne. Das Kernarchiv soll neben dem landeskirchlichen Archivgut auch die zahlreichen kirchgemeindlichen Bestände aufnehmen, soweit sich Kirchgemeinden nicht mehr in der Lage sehen, ihr Archivgut angemessen zu lagern und zu erhalten. Somit stelle die zentrale Archivlösung auch eine finanzielle und manuelle Entlastung für die Kirchgemeinden dar. Für die Befürworter sei das heutige Projekt ein „nachgeschobenes“, da dieses Projekt schon seit Jahrzehnten hätte angegangen werden müssen. Außerdem wurde die gesamtgesellschaftliche Dimension hinsichtlich der Erbemitverantwortung ins Feld geführt.

Die Vorlage sieht Bauinvestitionen von insgesamt 9,5 Millionen Euro vor. Davon sind 2,4 Millionen Euro eine Darlehensaufnahme, 2,9 Millionen Euro eine Entnahme aus Haushaltrücklagen, 500.000 Euro und 1,1 Millionen Euro aus sonstigen Rücklagen.

Der Antrag des Bildungs- und Erziehungsausschuss wurde beschlossen, im Zusammenhang mit der Struktur- und Stellenplanung 2019, den Kirchenbezirken die notwendigen zusätzlichen Stellenanteile für die Errichtung der Arbeitsstellen, Kinder-Jugend-Bildung mit einer Erhöhung der Personalkostenzuweisung in den gemeindepädagogischen und kirchenmusikalischen Bereichen und jeweiligen Arbeitsstellen vorerst mit der Befristung bis 2025 auszustatten.

Pfarrerin Martina Serakowa aus Krabcice bei Roudnice grüßte die Landessynode von der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien. Sie dankte dafür, dass sie insbesondere zur Feier der Frauenordination anwesend sein darf. In der Kirche der Böhmischen Brüder gibt es die Frauenordination bereits seit 1953, sie sei selbstverständlich und werde nicht diskutiert. Dennoch empfinde sie die Reflektionen in der sächsischen Landeskirche als sehr bereichernd. Zudem überlegte sie mit einem Augenzwinkern, ob die nächste Aufgabe ihrer Kirche vielleicht auch der Bau eines Archives sein sollte.

Der Vorsitzende des Theologischen Ausschusses, Prof. Dr. Thomas Knittel, führte in das besondere Thema des Tages, das 50-jährige Jubiläum der Frauenordination in der sächsischen Landeskirche, ein. Die Frauenordination sei sowohl für Männer als auch Frauen ein Segen und ein Reichtum für die ganze Kirche. Ihre Einführung habe zur Stärkung der Dienstgemeinschaft von Männern und Frauen und zur Weiterentwicklung des Berufsbildes von Pfarrerinnen und Pfarrern beigetragen. Auch das Amtsverständnis in der Kirche habe sich darüber verändert. Die Vielfalt der Begabungen sowie Kommunikation und Familienfreundlichkeit seien als wichtige Themen hinzugekommen. Die Synode beschloss nach einer Diskussion über einzelne Aspekte mit großer Mehrheit eine Erklärung, die diese Erfahrung aufgreift. Darum dankt die Landessynode all jenen, die sich für die Einführung der Frauenordination eingesetzt haben bzw. sich trotz Widerständen in den Pfarrdienst berufen ließen. Gleichzeitig werde an der Geschichte eine Schuld deutlich: Die Kirche sei schuldig geworden an Gemeinden, die den Dienst von Frauen in Gottesdienst und Seelsorge vermissen mussten und an den Frauen, denen der Dienst über lange Zeit verwehrt wurde. Gleichzeitig sieht die Landessynode in der weiteren Gestaltung des Dienstes von Männern und Frauen eine bleibende Aufgabe. Der gemeinsame Dienst von Frauen und Männern bleibe auch in Zukunft unverzichtbar.

Nach der Mittagspause hielt die Vizepräsidentin des Sächsischen Landtages, Andrea Dombois, ein Grußwort, in dem sie sich für die Zusammenarbeit der sächsischen Landeskirche mit den Abgeordneten des Landtages bedankte. Dieser kontinuierliche Dialog stünde in einer langen und für beide Seiten fruchtbaren Tradition.

In den zurückliegenden Jahren habe man sich gemeinsam durch die Themenjahre auf das Reformationsjubiläum vorbereitet.
 Heute stehe Vertrauen im Mittelpunkt, ein Gottvertrauen als universales Fundament und als spirituelle Grundlage des Vertrauens zueinander und der Versöhnung miteinander.

Versöhnung und Frieden seien der Auftrag von Kirche und Gesellschaft, woran auch der heutige Volkstrauertag erinnere. Frieden und Versöhnung müssten bei jedem selbst beginnen, wenn sie ihre Wirkung in Gesellschaft und Kirche entfalten sollen – angefangen von der Partnerschaft und Familie über Initiativen, Kommunen, Staaten hin bis zur internationalen Gemeinschaft.

Tätigkeits- und Beteiligungsbericht 2015/2016 des Landeskirchenamtes

Die Synode setzte ihre Beratung mit der öffentlichen Aussprache zum 119-seitigen Tätigkeits- und Beteiligungsbericht 2015/2016 des Landeskirchenamtes fort.
 Der Bericht ist in drei Abschnitte gegliedert. Im Abschnitt Allgemeines wird von der Arbeit der Beauftragten und der Stabsstelle berichtet.

Abschnitt B enthält nach den Dezernaten gegliedert die Berichte der einzelnen Arbeitsbereiche. Über die umfangreiche Tätigkeit, zahlreichen Veranstaltungen, Festgottesdienste und Aktivitäten des vergangenen Jahres gibt der anliegende Bericht ausführlich Auskunft.
 Der Abschnitt C umfasst die Beteiligungen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und des Diakonischen Werkes.

In der Aussprache wurden insbesondere die Situation der Theologiestudierenden, das Interesse am Theologiestudium und der beruflichen Perspektiven angesprochen. Es solle auch weiterhin für den Studium und den Pfarrberuf geworben werden. Weiterhin wurden u.a. der Religionsunterricht und die Bedeutung der Lektorenarbeit thematisiert.

Gäste aus Russland

Als einer der Gäste aus Russland nimmt Pfarrerin Tatjana Schiwoderowa an der Synodaltagung teil. Sie kommt aus der lutherischen Kirchgemeinde in der Autostadt Togliatti an der Wolga zwischen Kasan und Saratow. In ihrem Grußwort ging sie auf den Dienst von Frauen im Pfarramt ein. Auch in der russischen Kirche können Frauen als Pfarrerinnen arbeiten. Sie stellte jedoch das Thema noch einmal in einen anderen Kontext. Die Sorge in der russischen Kirche ist es nämlich, überhaupt Menschen für den Pfarrdienst zu gewinnen. Diejenigen Frauen und Männer, die den Dienst als Pfarrer oder Pfarrerin verrichten, haben in der Regel mehrere Berufe, weil das Pfarrergehalt nicht zum Leben ausreicht.

Einführung der Ordination von Frauen vor 50 Jahren - Festgottesdienst und Empfang

In der Dreikönigskirche wurde mit einem Festgottesdienst und einem anschließenden Empfang die Einführung der Ordination von Frauen vor 50 Jahren gewürdigt. Der Sakramentsgottesdienst um 17:00 Uhr wurde von Theologinnen mitgestaltet; die Predigt hielten Landesbischof Dr. Carsten Rentzing und seine Frau Maria gemeinsam. Die musikalische Begleitung übernahm ein Bläserchor aus dem Kreis der Synodalen. Zum Gottesdienst sind viele Pfarrerinnen gekommen, die in ihrer Amtstracht in den Kirchraum in Zweierreihe einzogen.

Pfarrerin Maria Rentzing begann die Predigt mit der Vorstellung einer Studie aus den USA, in der beschrieben sei, dass zehn Krankenschwestern, die gerade verliebt gewesen seien, mit Freude, Leichtigkeit und mit Erfolg ihrer Arbeit nachgingen, während zehn andere Krankenschwestern, ohne diesen Zustand, schwerer und mühevoller durch den gekommen seien. Pfarrerin Rentzing begann somit ihre Predigt über Frauen und thematisierte die Liebe. Sie machte beides an der Person von Maria Magdalena fest, die Jesus liebte und am Anfang der Auferstehungsgeschichte steht. Sie war so voller Trauer, dass sie Jesus nicht erkannte. Erst seine Worte hätten sie gerührt und weckten sie auf. Sie „hüpfte“ gleichsam freudig, um von der Auferstehung zu künden. Es sei eindrucksvoll, wie hier eine Frau an den Anfang dieser zentralen Botschaft gesetzt wurde, gleich, der Begebenheit des ersten Wunders Jesu in Kanaan, wo er den Tipp von einer Frau erhielt, dass der Wein zu Ende gehe.

Dr. Rentzing setzte die Predigt fort und er war sich nicht sicher, ob er die Predigt mit dem Gefühl einer Frau und die Liebe in den Mittelpunkt gestellt hätte. Das sei aber ein Kennzeichen dafür, dass sich hier Frauen und Männer unter Maßgabe der Dienstgemeinschaft ergänzten. Er sehe aber auch, das, was heute normal sei, früher undenkbar gewesen sei. Dabei stehe für ihn nicht die Gleichberechtigung im Vordergrund, als vielmehr die theologisch-biblische Grundlegung. In Christus gebe es keine Unterschiede. In Maria zeige sich eine Berufungsgeschichte mit Verkündigungsauftrag. Diesem Verkündigungsauftrag dürfe man nicht entgegentreten. Dem Landesbischof tue es ernsthaft leid, dass ausgebildete Theologinnen in der Vergangenheit gehindert wurden, als Pfarrerinnen tätig werden zu können. Schließlich habe sich die Dienstgemeinschaft von Frau und Mann als segensreich erwiesen. Die eigene Erfahrung begründe sich auch in der 17-jährigen Gemeinschaft zwischen ihm und seiner Frau im Amt. Dies bestätigte auch seine Frau Maria, die dies als Segen erfuhr, wenn sie gemeinsam in den Gottesdienst gegangen seien und ihn feierten.

Mit einer gemeinsamen Abendmahlsfeier ging der Gottesdienst zu Ende und die Gäste des Empfangs versammelten sich im Festsaal. Grußworte wurden gehalten vom Büroleiter, Frank-Peter Wieth, der Sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung, MdL Petra Köpping (SPD), der Oberkirchenrätin Dr. Bergmann, Leiterin des Referates für Chancengerechtigkeit der EKD und Dr. Elaine Neuenfeldt (LWB). Anwesend waren weitere Frauen aus dem Kreis der Landtagsabgeordneten, Pfarrerinnen und Pastorinnen aus anderen Ländern, frühere Pfarrerinnen „der ersten Stunde“, die im Ruhestand sind, sowie internationale Gäste, beispielsweise aus Lettland und Polen. 

In einer Podiumsrunde fanden sich unter der Moderation von Pfarrerin Barbara Lötzsch aus Machern und Synodalpräsident Otto Guse die früheren Pfarrerinnen Renate Salinger und Elisabeth Ihmels, Pfarrer Helge Voigt aus Leipzig und Anja Funke. Während Pfarrer Voigt Anregungen für die Würdigung des 50-jährigen Ordinationsjubiläums gab, hatte die junge Pfarrerin Dr. Anja Funke durch ihr Buch "Kanzelstürmerinnen" die Geschichte der Frauenordination in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens von 1945 bis 1970 die Grundlage für die Rückschau vorgegeben.

Die wissenschaftliche Beschäftigung und die Zusammenschau hätten die Autorin „demütig gemacht“ angesichts der Erlebnisse und Auseinandersetzungen der Frauen, die ihren Weg in der Kirche suchten. Es sei die Geschichte der ersten Generationen, die schließlich ihre Aufgaben gefunden hätten. Derzeit sei es in der „dritten Generation“, trotz des völlig normalen Zugangs, auch nicht einfach, Familie und Beruf zu vereinen.

Pfarrer Voigt empfinde die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen als „Bereicherung und als Normalität“. Die Erinnerung sei das Geheimnis der Versöhnung, und deshalb unterstützte er das Vorhaben. Aber auch er sehe in Familie und Beruf eine Herausforderung.

Pfarrerin i.R. Salinger berichtete über ihre Zeit in Zittau, wo der Kirchenbezirk damals eine Frauen-Vikarsstelle eingerichtet hatte. Sie musste sich aber ihre Arbeitsbereiche selbst ausbauen, da die Amtshandlungen und die Pfarrbezirke der Gemeinde noch in den Händen der männlichen Kollegen lagen. In der ersten Zeit durften die ordinierten Theologinnen nicht heiraten und kein Pfarramt leiten.
 Gefragt, wie die Älteren die heutige Situation einschätzten, ob mit Freude oder ein wenig neidisch, antwortete sie, dass sie nicht von Bitternis sprechen möge, sondern sie denke an alle, die ihr den Rücken gestärkt hätten. Frau Salinger frage sich auch, was sie mit Kindern und Familie hätte schaffen können.

Elisabeth Ihmels wünschte den jungen Kolleginnen in ihrem Dienst genug Zeit, „sich in Gottes Wort versenken können, um Kraft für den Dienst zu schöpfen“. Frau Salinger wünschte für die Gemeinde ein gutes Miteinander und nicht so große E-Mail-Aufgabenvergabe quer durch die Gemeinde.

Filmvorführung "Das Hirtenamt in Frauenhand - 50 Jahre Frauenordination"

Nach der kurzweiligen und erfrischenden Runde wurde der 45-minütige Film "Das Hirtenamt in Frauenhand - 50 Jahre Frauenordination" gezeigt. Gemeinsam mit Dokumentarfilmer Christian Rabending interviewte Kathrin Wallrabe Theologinnen und stellte Fragen zu Beruf, Familie und Veränderungen. Es entstand ein Heimatfilm ganz anderer Art, berührend, lustig und informativ. Die Fragen nach der Unterschiedlichkeit von Frauen und Männern, nach dem Zusammenleben und den Veränderungen in der Gesellschaft zeigen, dass das Thema nicht nur im innerkirchlichen Rahmen lohnenswert zu diskutieren ist.
Der Applaus nach der Vorführung zeigte, dass die Zuschauer sichtlich bewegt den Film aufgenommen hatten.

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